Donnerstag, 12. März 2009

Limasommer

von Nina

Sommer in Lima. Die meissten Tage scheint die Sonne, es ist warm. Wunderschoene Sonnenuntergaenge an der Kueste und jeden Tag T-Shirt Wetter. Noch ca. einen Monat, dann faengt der Winter an. Winter bedeutet hier, dass Nebelschwaden die Sonne verdecken und es etwas kuehler wird. 

Schon einen Monat sind wir jetzt in dieser riesigen Stadt, lernen immer mehr von ihr kennen. Unser Haeusschen ist dicht am Meer, mitten in der Stadt an einem kleinem Park. Wir haben richtig Glueck gehabt, mit der Wohnung und den Menschen im Haus.

Blick auf unser Haus durch den Park (Orange ist es)

Nahe bei gibt es mehere groessere Strassen auf denen wir bis heute noch nicht das Busgewirr verstanden haben. Die Menschen von hier allerdings auch nicht. Einen Busfahrplan gibt es nicht, allerdings kann man davon ausgehen, dass ueberallhin Busse fahren. Wie mit allem anderem auch in Lima: Es gibt alles, man muss es nur finden ; ) Fragen bringt einen meisstens weiter, ob in die richtige Richtung ist nicht immer so sicher... 
Busse gibt es in allen Groessen, draussen drauf steht geschrieben, wo sie langfahren, ausserdem hat jede Route eine andere Farbe und Nummer. Der Fahrer versucht sich durch schnelles Gasgeben und Abbremsen durch das Verkehrgewuehl zu schlaengeln. Manchmal frage ich mich, ob es mutig ist, sich in einen Bus zu setzen oder einfach nur wahnsinnig. 
In der Tuer vom Bus steht der "Cobrador" - der Mensch der die Tuer bei jeder Gelegenheit aufreisst, die Route des Buses aus voller Kehle den Wartenden zubruellt und die Fahrgaeste im Bus abkassiert. Der Preis ist meist festgelegt, manchmal Verhandlungssache. 
Seit kurzem gibt es Haltestellen an den grossen Strassen in Lima. Offiziell ist es nun verboten ausserhalb dieser Haltepunkte zu halten. Wegen den Strafgeldern wird dies teilweise auch eingehalten, was den positiven Effekt hat, dass der Bus etwas schneller vorankommt, da er nicht mehr an jeder Ecke haelt, sondern nur noch an jeder zweiten.. 
In anderen Laendern kann man davon ausgehen, dass man mit den oeffentlichen Verkehrsmitteln recht gradlinig an sein Ziel kommt. Davon ist hier keine Spur. Die Busse fahren alle erdenklichen Schlaengel durch die Stadt. Kein Wunder also, dass die Mehrzahl der Menschen aus Lima jeden Tag mehrere Stunden im Bus verbringt. 
Da das Bussystem nicht zentral organisiert, sondern in viele kleine und Mini-Unternehmen aufgeteilt ist, versucht jede dieser Busgesellschaften die besten Routen mit den meissten Fahrgaesten zu ergattern. In der Innenstadt zum Beispiel gibt es bestimmte Strassen, wo fast alle Busse durchfahren. Bei mehreren hunderten Bussen ist das ein Problem und die Folge: Vorankriechen und endloser Stau. Ob es dadurch mehr Fahrgaeste gibt, bezweifel ich... 

Meine Arbeit macht Spass und ist sehr vielfaeltig. Sebi ist in der Schule mit Garten- und Zirkusprojekt gut beschaeftigt und kaempft sich durchs Spanische. 
Einige Tage in der Woche bin ich auch in der Schule, helfe beim Zirkus und geniesse die angenehme Atmosphere dort, einen schoenen gruenen Garten, Lehrer wie Schueler sprechen sich beim Vornamen an und es scheinen andere Werte zu herrschen als in der "Normalwelt Lima".

Andere Tage bin ich in Villa el Salvador unterwegs, einem Randbezirk von Lima, besuche dort Familien mit behinderten Menschen und bin erstaunt, wie schnell Veraenderung hier funktioniert. 
Behinderte haben in der Gesellschaft hier noch weniger Platz als in Deutschland. Viele behinderte Kinder verbringen die meiste Zeit des Tages alleine zu Hause, haben keine Aufgabe und keine Spielgefaehrten. 
Zusammen mit noch einem Deutschen besuche ich einige Kinder, verbringe Zeit mit ihnen, lerne ihre Lebensumstaende und ihren Stadtteil kennen. Neulich haben wir Beete mit den Kindern angelegt, ein paar Blumen gepflanzt. Es ist toll zu sehen, wie die Kinder aufbluehen, mit wie viel Hingabe sie sich um die Pflanzen kuemmern. Und mehr Kinder kommen hinzu, wollen auch Pflanzen bei sich am Haus haben. Erwachsene sprechen uns an, wie positiv sie die Veraenderung in Richtung Gruen finden. Die Gespraeche mit den Menschen sind spannend, wie sie leben, woher sie kommen. Die Pflanzen oeffnen uns die Haeuser und die Seele der Menschen. Jeder Besuch dort ist anders, aber jedes Mal lerne ich ein Stueckchen mehr. Das Potenzial dort mit den Menschen zusammen Sachen zu veraendern ist riesig. 
Es gibt so viele tolle Moeglichkeiten die genutzt werden koennten, um die Stadt gruener zu machen und das Leben gesuender. Ecosilos (ein Kompostsystem) sind eine davon. Pflanzenwasserfilteranlagen eine andere. Es ist faszinierend was mit diesen Filteranlagen alles moeglich ist. Ich habe eine Schule kennengelernt, dort wird das ganze Abwasser in die Pflanzenfilteranlage geleitet und danach zum Bewaessern des Schulgelaendes genutzt. Alles gruent und blueht. 
Ganz Lima koennte nur mit Abwaesser begruent werden! Aber noch stehen zu viele Machtinteressen im Wege. 

Viel Entwicklungshilfe fliesst nach Lima. Viel wird den Menschen geschenkt, viel davon brauchen sie nicht. Ich versuche zu dokumentieren, wie Geld hier ankommt, in Projekte fliesst und schliesslich versackt. 
"Schau der Wahrheit ins Gesicht, bis sie dich anschreit - und dann schrei zurueck." 
Ich schaue und es gibt viel zu sehen. Sehr viel. Wenn man nur mal aufhoert zu denken, dass Hilfe immer gut ist und die Menschen hier zwangslaeufig arm.

Unter diesem Link findet ihr einen Artikel ueber Lima.


Und hier noch einige Fotos von Lima:
Lima I-Seite