Donnerstag, 23. April 2009

Das Bild der Armut

von Nina


Wenn eine Gegend arm aussieht, dann werden Menschen darauf aufmerksam. Wenn Muell herumliegt, die Kinder mit toten Hunden spielen und alles grau und dreckig ist, dann kommen Organisationen und besuchen die Familien.

Sie gucken in die Haeuser und wenn sie auch dort viel Dreck, schmutzige Klamotten und Muellberge sehen,
dann ist klar: Hier muss etwas passieren.

Sie fragen die Menschen, ob sie Baeume geschenkt haben wollen.
Diese nicken.

Ein paar Wochen spaeter veranstaltet die Organisation einen "Arbeitstag". Alle helfen mit, raeumen den Muell und die toten Hunde woanders hin, pflanzen Baeume.

Fuer einen Moment erstrahlt das Viertel, gruen statt Muell.

Die Tage gehen ins Land, der Muell sammelt sich wieder an, die Baeume vertrocknen. Menschen werden auf das Viertel aufmerksam.
Kinder spielen mit toten Voegeln.
Frauen zuechten Fliegen unter Kuechenabfaellen.

Helft uns doch, wir sind so arm,
seht ihr das nicht?



Oder: Warum die Menschen glauben, dass sich selbst helfen ihnen mehr schadet als nuetzt.

Ein Blick im April

von Nina

Was ich hier mache ist ein Zwischending zwischen Sozialarbeiter - wissenschaftlicher Berater - Beobachter - und Zirkuslehrer, und viel mehr, aber mal in Worte gefasst, sind das vielleicht die Hauptsachen.
Ich bin in den Familien, hoere den Menschen einfach zu, spiele mit den Kindern, mache Ausfluege mit ihnen. Ich habe einfach Zeit bei ihnen zu sein und erfahre einen Menge ueber Familienleben, die Situation der Menschen vor Ort.
Gleichzeitig erzaehle ich ihnen von moeglichen Loesungen, installiere Ecosilos und Pflanzenklaeranlagen, helfe beim Bau von Trockenklos und lerne ueber Baeume in Lima und Nebelfaenger.
Oft beobachte ich einfach, was um mich herum passiert, wie Menschen auf was reagieren.

Einige Tage der Woche bin ich in der Schule "Casa de Cartón" und mache dort mit Sebi zusammen Zirkusgruppen. Vier Gruppen haben wir, alle voellig verschieden und so lerne ich sehr viel waehrend ich mit Sebi ueber die Kinder /Jugendlichen spreche und wir ueberlegen, wie wir wem begegnen koennen. Die Kinder bringen mich teilweise ins Schwitzen, aber ein Intensivkurs in "Erziehung" koennte nicht besser sein!
Und auf die Dinge aus der Eos-Ausbilung kann ich auch zuruckgreifen. Es macht richtig Spass!

Sehr vielfaeltig sind die Tage und ich fuehle mich wohl.

Zeit zum Salsa lernen ist auch noch. Beim Mittwochsabend Gratiskurs sind wir schon fast Stammgaeste, aber ich finde es immer noch schwer. Salsarhythmus habe ich noch nicht so im Blut und mein Mund steht offen, wenn ich den Profis zugucke. Wahnsinn!!

Und nie gleich - oder kommt mir das als Laie nur so vor?

Wie die Menschen sich beim Tanzen bewegen, ist jedenfalls beeindruckend und nicht nur ich starre bisweilen vollkommen fasziniert auf ein tanzendes Paar, sondern manchmal schaue ich mich um und bemerke, dass es der Mehrheit im Saal aehnlich geht und viele gerade den Blick fest an die Tanzenden geheftet mitschwingen zur Musik und dem verworrenen Salsabeat.

Krishna Krishna

von Nina

Ueber Ostern haben wir eine oekologische Kommune noerdlich von Lima kennen gelernt. Dort leben ca. 30 Menschen zusammen als praktizierende Hare Krishna Anhaenger.

Wir haben uns gleich sehr wohl gefuehlt, auf diesem gruenen Gelaende mit Biogarten und Kompostklos, zwischen dem Tempel und den vielen sehr interessanten Gespraechen ueber diese Religion.



Es ist schon erstaunlich was fuer eine Energie frei wird, wenn so viele Menschen auf einmal das Mahamantra singen: Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna Krishna, Hare Hare, Hare Rama, Hare Rama, Rama Rama, Hare Hare.

Das Mantra wird gesungen, getanzt, gefeiert...

Jeder von den Hare Krishnas rezitiert dieses Mantra 108 x 16 mal am Tag.

Vielleicht ist es genau das, was mich auch wieder ein bisschen von dieser Religion abschreckt...


Mehr Fotos findet ihr hier.

Montag, 6. April 2009

Strandreiten

von Nina

Flor will nicht absteigen. Eine Stunde sind wir zusammen am Strand entlang gegangen. Sie, Rosa und Renzo hoch zu Ross und ein Gefolge zu Fuss neben- und hinterher. Ein ganz besonderer Tag!

Heidi, eine Reittherapeutin, hatte uns eingeladen, mit einigen der Kinder, die wir in Villa el Salvador besuchen, vorbeizukommen.

Es war sehr aufregend: Die Vorfreude war riesengross - wie werden reiten gehen! Und als Johannes und ich morgens um halb acht auf der Matte stehen, um die Kinder abzuholen, sind diese bereits fix und fertig zum Abmarsch. Zusammen mit den Muettern der drei, sowie einem Bruder machen wir uns auf den Weg, steigen die zig gelben Treppenstufen hinunter von dem Sandberg der sich Oasis nennt und das Zuhause der Familien ist.

Unten verlaeuft die Panamericana, wir steigen in einen Bus und fahren einige Kilometer und laufen dann den Rest bis zum Strand. So viele Pferde treffen wir schon auf dem Weg - ganz Lima scheint hier Pferde zu haben. Die meisten Pferde sind riesengrosse Vollblueter, aber fuer uns stehen drei kleine, sehr zahme Pferde bereit.

Heide ist spezialisiert auf Reittherapie mit behinderten Kindern und die Umgebung hier bietet wunderschoenen Raum dafuer. Helme auf und los geht es, durch den Sand hinunter zum Meer, die Pferde moegen, wenn ihnen das Wasser um die Fuesse streicht.




Waehrend Flor sich von Anfang an wie eine Koenigin im Sattel fuehlt, dauert es bei Rosa laenger. Sie kann sich nur mit einer Hand festhalten und braucht ein Weilchen bis sie den Rhythmus des Pferdes uebernimmt. Ebenso Renzo, er ist unruhig und entspannt sich erst als Heidi mit zu ihm aufs Pferd steigt. Zusammen geht es viel besser.

So reiten und laufen wir dahin, begleitet von zwei Hunden, die sich Kaempfe mit Krebsen liefern und uns bewachen. Der Strand ist endlos, mit vielen Moewen, so viel Sonne, so weichen Pferden und so gluecklichen Kindern. Die Muetter laufen hinterher, unterhalten sich, planen, was sie bald zusammen unternehmen koennten - vielleicht in einen gruenen Park fahren? Was fuer ein schoener Nebeneffekt. Nicht nur die Kinder entdecken etwas neues, sondern auch fuer die Muetter scheinen sich neue Moeglichkeiten zu ergeben. Warum nicht einfach mal wohinfahren, heraus aus der Sandwelt Oasis?

Die Stunde ist um und mit Moehren bedanken wir uns bei den Pferden.
Normalerweise ist so eine Reittherapiestunde sehr teuer, aber Heidi hat sie uns geschenkt. Sie erzaehlt, dass sie es als grosses Problem empfindet, dass vor allem die Kinder mit Geld gefoerdert werden, waehrend Kinder aus aemeren Verhaeltnissen ihr Potenzial nicht ausschoepfen koennen.
Aber Reiten ist nicht billig, da Pferdehaltung in Lima sehr teuer ist. Da es keine Wiesen gibt auf denen die Pferde einfach grasen koennten, muss alles Futter gekauft werden. Heu aus den Anden, Trockenfutter.
Wenn man sich ueberlegt, dass zwei der drei Kinder die mit beim Reiten waren nicht mal zur Schule gehen, weil es zu teuer ist (ca. 10 Euro mit Jahr, plus Schuluniform, Hefte,...), dann wird klar, dass Reittherapie ausshalb jeglicher Reichweite liegt.
Fuer uns und die Kinder war dieser Reittag ein grosses Geschenk, noch lange wird davon erzaehlt werden. Und wer weiss, vielleicht haben wir irgendwann noch einmal die Moeglichkeit ein Stuendchen mit den Pferden zu verbringen.
Auf dem Rueckweg zur Panamericana laufen wir durch einen anderen Reitclub. Dort gibt es einen See mit glasklarem Wasser. Ooooh, so viel Wasser, die Kinder sind begeistert, laufen hin, wollen es beruehren. Und da schwimmen sogar Fische drin! Guck mal, ich sehe den Grund!

Vielleicht ueberrascht so eine Freude ueber einen See, aber wenn man bedenkt, dass in Oasis Wasser nur in Tonnen existiert die mit dem Schlauch aus dem Tankwagen aufgefuellt werden, versteht man, was fuer ein grosses Wunder es ist, wenn da auf einmal ein ganzer See mit Wasser gefuellt ist.

So viel Wasser - wieso hat es noch keiner ausgetrunken?
Hier noch ein paar Bilder:
Reiten I-Seite