Montag, 6. April 2009

Strandreiten

von Nina

Flor will nicht absteigen. Eine Stunde sind wir zusammen am Strand entlang gegangen. Sie, Rosa und Renzo hoch zu Ross und ein Gefolge zu Fuss neben- und hinterher. Ein ganz besonderer Tag!

Heidi, eine Reittherapeutin, hatte uns eingeladen, mit einigen der Kinder, die wir in Villa el Salvador besuchen, vorbeizukommen.

Es war sehr aufregend: Die Vorfreude war riesengross - wie werden reiten gehen! Und als Johannes und ich morgens um halb acht auf der Matte stehen, um die Kinder abzuholen, sind diese bereits fix und fertig zum Abmarsch. Zusammen mit den Muettern der drei, sowie einem Bruder machen wir uns auf den Weg, steigen die zig gelben Treppenstufen hinunter von dem Sandberg der sich Oasis nennt und das Zuhause der Familien ist.

Unten verlaeuft die Panamericana, wir steigen in einen Bus und fahren einige Kilometer und laufen dann den Rest bis zum Strand. So viele Pferde treffen wir schon auf dem Weg - ganz Lima scheint hier Pferde zu haben. Die meisten Pferde sind riesengrosse Vollblueter, aber fuer uns stehen drei kleine, sehr zahme Pferde bereit.

Heide ist spezialisiert auf Reittherapie mit behinderten Kindern und die Umgebung hier bietet wunderschoenen Raum dafuer. Helme auf und los geht es, durch den Sand hinunter zum Meer, die Pferde moegen, wenn ihnen das Wasser um die Fuesse streicht.




Waehrend Flor sich von Anfang an wie eine Koenigin im Sattel fuehlt, dauert es bei Rosa laenger. Sie kann sich nur mit einer Hand festhalten und braucht ein Weilchen bis sie den Rhythmus des Pferdes uebernimmt. Ebenso Renzo, er ist unruhig und entspannt sich erst als Heidi mit zu ihm aufs Pferd steigt. Zusammen geht es viel besser.

So reiten und laufen wir dahin, begleitet von zwei Hunden, die sich Kaempfe mit Krebsen liefern und uns bewachen. Der Strand ist endlos, mit vielen Moewen, so viel Sonne, so weichen Pferden und so gluecklichen Kindern. Die Muetter laufen hinterher, unterhalten sich, planen, was sie bald zusammen unternehmen koennten - vielleicht in einen gruenen Park fahren? Was fuer ein schoener Nebeneffekt. Nicht nur die Kinder entdecken etwas neues, sondern auch fuer die Muetter scheinen sich neue Moeglichkeiten zu ergeben. Warum nicht einfach mal wohinfahren, heraus aus der Sandwelt Oasis?

Die Stunde ist um und mit Moehren bedanken wir uns bei den Pferden.
Normalerweise ist so eine Reittherapiestunde sehr teuer, aber Heidi hat sie uns geschenkt. Sie erzaehlt, dass sie es als grosses Problem empfindet, dass vor allem die Kinder mit Geld gefoerdert werden, waehrend Kinder aus aemeren Verhaeltnissen ihr Potenzial nicht ausschoepfen koennen.
Aber Reiten ist nicht billig, da Pferdehaltung in Lima sehr teuer ist. Da es keine Wiesen gibt auf denen die Pferde einfach grasen koennten, muss alles Futter gekauft werden. Heu aus den Anden, Trockenfutter.
Wenn man sich ueberlegt, dass zwei der drei Kinder die mit beim Reiten waren nicht mal zur Schule gehen, weil es zu teuer ist (ca. 10 Euro mit Jahr, plus Schuluniform, Hefte,...), dann wird klar, dass Reittherapie ausshalb jeglicher Reichweite liegt.
Fuer uns und die Kinder war dieser Reittag ein grosses Geschenk, noch lange wird davon erzaehlt werden. Und wer weiss, vielleicht haben wir irgendwann noch einmal die Moeglichkeit ein Stuendchen mit den Pferden zu verbringen.
Auf dem Rueckweg zur Panamericana laufen wir durch einen anderen Reitclub. Dort gibt es einen See mit glasklarem Wasser. Ooooh, so viel Wasser, die Kinder sind begeistert, laufen hin, wollen es beruehren. Und da schwimmen sogar Fische drin! Guck mal, ich sehe den Grund!

Vielleicht ueberrascht so eine Freude ueber einen See, aber wenn man bedenkt, dass in Oasis Wasser nur in Tonnen existiert die mit dem Schlauch aus dem Tankwagen aufgefuellt werden, versteht man, was fuer ein grosses Wunder es ist, wenn da auf einmal ein ganzer See mit Wasser gefuellt ist.

So viel Wasser - wieso hat es noch keiner ausgetrunken?
Hier noch ein paar Bilder:
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